Allgemeines Die Diagnostik und Therapie der Stuhlinkontinenz gestaltet sich langwierig. Die Ursachen sind vielfältig (s. Grundlagen), häufig entsteht eine Stuhlinkontinenz langsam über Jahre. Daher grundsätzlich die Bitte an alle Patienten mit Stuhl- inkontinenz; haben Sie bitte Geduld. Es gibt einer Vielzahl therapeutischer Möglichkeiten zur Behandlung, aber die Behandlung dauert unter Umständen lange. Erwarten Sie nicht, dass man ein Krankheitsbild, welches in der Regel über Jahre entsteht, innerhalb kurzer Zeit “repariert”. Diagnostik Da die Ursachen für eine Stuhlinkontinenz vielfältig sind, ist auch eine umfangreiche Diagnostik erforderlich. Eine proktologische Untersuchung mit Proktoskopie und Rektoskopie bildet die Grundlage. Eventuell ist eine Analmanometrie und eine Endo-Anale Sonographie erforderlich. Eine Koloskopie, wenn noch nicht durchgeführt, sollte erfolgen, ggf. auch eine MR-Defäkographie. Ebenso kann eine neurologische Untersuchung erforderlich sein. Therapieprinzipien 1. Stuhlregulation Grundvorraussetzung für eine Behandlung ist eine Stuhl- regulation mit Medikamenten, insbesondere die Behandlung von Durchfällen und dünnflüssigen Stühlen. Chronische Entzündungen im Bereich des Darmes müssen behandelt werden. Der Stuhl sollte geformt sein, die Anzahl der Entleerungen sollten, wenn möglich, auf ein bis zwei pro Tag reduziert werden. Blähungen sollten vermieden werden (hier müssen allergische Erkrankungen, eine Laktoseintoleranz und verschiedene andere Ursachen ausgeschlossen werden). Bei einer Stuhlinkontinenz ersten bis zweiten Grades können diese Maßnahmen bereits zu dauerhaftem Erfolg führen. 2. Irrigation Bei Patienten, die nur einmal täglich eine Entleerung bei normal geformten Stuhl verzeichnen, kann es sinnvoll sein, durch Hilfsmittel (kleiner Einlauf) am Morgen den Darm zu entleeren. Findet im Laufe des Tages keine weitere Entleerung statt, ist zwar die Inkontinenz nicht grundsätzlich behoben, die Lebensqualität aber in einem hohen Maße wieder hergestellt. 3. Muskeltraining Eine geziehlte Beckenbodengymnastik zu Beginn der Therapie ist in den meisten Fällen erforderlich. Durch gezielte Übungen kann damit die Schließmuskulatur gestärkt werden. Ebenso kann das Anspannen der “falschen” Muskulatur abtrainiert werden. Viele Patienten haben im Lauf der Jahre die Fähigkeit zur Anspannung des Beckenbodens “verloren”, dies Dyskoordination kann durch gezieltes Training behoben werden. Wichtig ist, dass der Physiotherapeut/die Physiotherapeutin eine gezielte Ausbildung zur Therapie der Inkontinenz vorweisen kann. In vielen Fällen reicht das krankengymnastische Training alleine nicht aus. Für diese Fälle gibt es Geräte, die den Trainingseffekt sichtbar machen. Ein Sensor, der zum Training in den After eingeführt wird, gibt dem Patienten eine Rückmeldung, ob er die richtige Muskulatur anspannt. Rückmeldung heißt im englischen Feedback (gesprochen: Fiedbäck), diese Trainingsmethode heißt daher Biofeedback. 4. Biofeedback Das Biofeedback Training erfolgt zu Hause, möglichst zwei Mal täglich. Das Gerät wird leihweise für 3 Monate zur Verfügung gestellt. In der Regel sollte ein Biofeedback aber über 6 Monate erfolgen. Manche Geräte ermöglichen zusätzliche eine leichte Stimulation der Schließmuskulatur mit einem schwachen Strom (Elektrostimulation), um die Muskelkraft im Enddarmbereich wieder herzustellen. Informationen über Geräte finden Sie hier: 5. Muskelrekonstruktion Liegt eine Schließmuskelschädigung durch Geburten oder Operationen vor, kann eine operative Wiederherstellung des Schließmuskels sinnvoll sein. Muskelschäden findet man vornehmlich bei Frauen und diese vorne im Bereich des Dammes. Dort ist der Muskelring häufig über einen Bereich von wenigen Zentimeter zerstört, im Ultraschall findet man statt eines Muskels nur noch Narbengewebe. Durch die Operation wird der muskuläre Ring der Schließmuskulatur wieder hergestellt. Der Eingriff erfolgt in Teil- oder Vollnarkose, dauert ca. 45 Minuten und hat eine niedrige Komplikationsrate. Leider sind die Langzeitergebnisse dieses Eingriffs nicht gut. Nur ca. 50% der Patienten zeigen einen Langzeiterfolg. 6. Sakrale Nervenstimulation (SNS) Erfolgversprechend ist ein neues operatives Verfahren. Eine dünne Elektrode wird in einer Teil- oder Vollnarkose im Bereich des Kreuzbeins (Sakrum) in die Nähe des verantwortlichen Nerven (Nervus pudendus) eingebracht. Über diese Elektrode wird die Schließmuskulatur über einen speziellen Schrittmacher (ähnlich einem Herzschrittmacher) dauerhaft stimuliert. Zunächst erfolgt über 14 Tage eine Probestimulation mit einer externen Batterie. Über diese Zeit wird eine Stuhltagebuch geführt. Ist die Probestimulation erfolgreich erfolgt in einem zweiten Eingriff die entgültige Implantation des Schrittmachers. Die Eingriffe sind ungefährliche, die Komplikationsrate ist gering. Eine Sakrale Nervenstimulation sollte erst nach Ausschöpfung aller oben angeführten Möglichkeiten erfolgen. Die derzeit vorliegenden Ergebnisse sind deutlich besser, als alle anderen bisher vorgestellten Methoden. Auch die Langzeiterfolge sind deutlich besser als bei allen anderen operativen Methoden. In unserer Klinik erfolgt die Implantation seit dem Jahr 2011- Informationen über dieses Verfahren finden Sie hier: 7. Seltene Methoden Sollten alle anderen Methoden keinen Erfolg zeigen, ist die Möglichkeit der Implantation eines künstlichen Schließmuskels (Kunststoff) zu erwägen. Dieser Eingriff wird selten durchgeführt, weil Fremdkörper im Bereich des Analkanals dazu neigen, sich zu entzünden. Daher muss ein Teil dieser Implantate nach einiger Zeit wieder entfernt werden. Zudem ist die Bedienung des Schließmuskels relativ kompliziert und ist daher nur für Patienten geeignet, die ein entsprechendes technisches Verständnis zeigen. Eine weitere Möglichkeit ist der Muskelersatz des Schließ- muskels durch einen Oberschenkelmuskel. Die so genannte Dynamische Grazilisplastik wird nur an wenigen Zentren in der BRD durchgeführt, ist ein langwieriger und komplizierter Eingriff, die Muskulatur muss durch zusätzlich elektrische Stimulation vorbereitet werden. Die Grazilisplastik kommt für jüngere Patienten in Frage, die durch schwere Operationen oder Verletzungen schwere Schließmuskeldefekte aufweisen. 8. Die letzte Möglichkeit Sollten alle Möglichkeiten mit medikamentöser und operativer Bedandlung nicht zu einer Verbesserung der Lebens- qualität führen, ist in extrem seltenen Fällen die Anlage eines künstlichen Darmausganges zu erwägen. Diese Option ist auch zu diskutieren, wenn bettlägerige Patienten durch die Stuhlinkontinenz pflegerische Probleme bekommen. 9. Hilfsmittel Die Hilfsmittel zur pflegerischen Behandlung und Kontrolle einer Stuhlkontinenz sind vielfältig. Einlagen, Erwachsenen- windeln und Analtampons sind nur einige der Optionen, die die Industrie derzeit zur Verfügung stellt. Die Beratung erfolgt in jedem guten Sanitätshaus.
Imp
Implantierte Elektrode im Kreuzbein im Röntgenbild. Probestimulation erfolgreich, dauerhafte Implantation eines Sakralen Schrittmachers bei Stuhlinkontinenz.
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