Einleitung Nur ca. 25% der westlichen Bevölkerung haben täglich eine Stuhlentleerung. Akute Obstipation Die akute Obstipation kann vielerlei Ursachen haben. Ernährungsfehler (beliebt an Feiertagen), Austrocknung an heißen Tagen, Medikamente, Störungen des Elektrolythaushaltes, Infektionen und eine Vielzahl anderer Erkrankungen können zu leichten Beschwerden wie Völlegefühl, Krämpfen und Bauchschmerzen führen. Hält dieser Zustand länger an, kann ein schweres Krankheitsbild entstehen, welches unter stationären Bedingungen mit Medikamenten oder sogar operativ behandelt werden muss (siehe Ahdäsionen/Verwachsungen). Ein solches Krankheitsbild wird von Medizinern als Ileus bezeichnet (Volksmund = Darmverschluss). Häufige Ursachen für ein solches Krankheitsbild sind neben den oben genannten Erkrankungen eingeklemmte Bauchwand- und Leistenbrüche, Verwachsungen nach Voroperationen, bösartige Tumore oder Darmlähmungen auf Grund schwerer Infektionen im Bauchraum. Bei Beschwerden, die auf ein solches Krankheitsbild hindeuten, ist unbedingt unverzüglich ein Arzt aufzusuchen. Chronische Obstipation (Verstopfung), Allgemeines Ebenso vielfältig sind die Ursachen für die chronische Obstipation. Für die Mediziner war es in erster Linie schwierig, die Grenze zwischen einer „normalen“ Stuhlfrequenz und einer Erkrankung im Sinne einer chronischen Verstopfung zu ziehen. 1999 wurden deswegen bei einer Konferenz in Rom Symptome festgelegt, um die Erkrankung „chronische Obstipation“ zu definieren, die ROM-II-Kriterien. Nach dieser Definition liegt eine chronische Obstipation dann vor, wenn innerhalb eines Jahres über mindestens 12 Wochen mindestens zwei der folgenden Symptome vorliegen: -                      Starkes Pressen beim Stuhlgang bei mindestens 25 % der Stuhlgänge -                      Klumpiger oder harter Stuhlgang bei mindestens 25 % der Stuhlgänge -                      Gefühl der unvollständigen Entleerung bei mindestens 25 % der Stuhlgänge -                      Gefühl der Blockierung bei Entleerung bei mindestens 25 % der Stuhlgänge -                      Hilfe bei der Entleerung durch Ausräumen oder Stützen des Beckenbodens                        bei mindestens 25 % der Stuhlgänge -                      Weniger als drei Stuhlgänge pro Woche Viele Gerüchte und Märchen ranken sich um dieses Krankheitsbild an dem ca. 20% der Bevölkerung leiden. Abführmittel wurden früher verteufelt und sogar als Ursache der Verstopfung angesehen. Psychische Ursachen und eine Fehlerziehung im Säuglingsalter wurden der Erkrankung zu Grunde gelegt und die Beschwerden der Patienten nicht ernst genommen. Die Einstellung der Mediziner hat sich geändert. Nachgewiesen ist, dass Frauen häufiger betroffen sind als Männer (15% gegen 5%), auch spielt das zunehmende Alter eine Rolle. Ebenso gesichert sind als Risikofaktoren Bewegungsmangel, Fehlernährung, Depressionen, körperlicher und sexueller Missbrauch. Noch nicht eindeutig geklärt ist die Rolle der Zufuhr von Ballaststoffen und der Flüssigkeitsaufnahme. Zu Unterscheiden ist die chronische Obstipation von dem Reizdarmsyndrom, welches auch mit Verstopfungen einhergehen kann. Typisch für diese Erkrankung ist aber der Wechsel von Verstopfungen und Durchfällen, Schleimabgänge mit dem Stuhl, Blähungen und die Besserung der Beschwerden nach der Stuhlentleerung. Eine unbehandelte chronische Obstipation führt unter Umständenzu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität. Der Stuhl kann eintrocknen und den Enddarm komplett verlegen (Kotstein). Ein Harnverhalt, ein Ileus, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen bis hin zu Verwirrtheitszuständen können, vor allem im hohen Alter, die Folge sein. Daher sollte eine chronische Obstipation immer diagnostisch abgeklärt werden. Nach exakter Diagnosestellung kann dann eine dem Krankheitsbild entsprechende Therapie eingeleitet werden. Sekundäre Obstipation Chronische Verstopfungen kommen im Gefolge zahlreicher Erkrankungen vor. Diese Formen nennt man sekundär. Nur einige Beispiele für solche Erkrankungen: Morbus Parkinson, Diabetes mellitus, Schilddrüsenunterfunktion, Multiple Sklerose. Auch Störungen des Elektrolythaushaltes können zur chronischen Verstopfung führen, insbesondere ein niedriger Kaliumspiegel und ein erhöhter Kalziumspiegel im Blut. Schwangere klagen häufig über Entleerungsprobleme. Weitere Ursachen für die sekundäre Obstipation sind Nebenwirkungen von Medikamenten, z. B. morphinartige Schmerzmedikamente, Wassertabletten (Diuretika), Eisenpräparate und Antidepressiva. Bekannte seelische Erkrankungen, die zur Verstopfung führen können, sind Depressionen und die Magersucht. Primäre Obstipation Bei 60% der primären Formen der Verstopfung wird man keine organischen Veränderungen feststellen können (habituelle oder idiopathische Obstipation). Neue wissenschaftliche Erkenntnisse wurden aber in den letzten Jahren über andere Arten der primären Obstipation gewonnen. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen der Transportstörung und der Entleerungsstörung. Transportstörung (Slow transit constipation) Transportstörungen (Englisch: Slow Transit Constipation) beruhen wahrscheinlich auf Störungen der Weiterleitung der elektrischen Signale in der Darmwand. Angeborene Fehlbildungen der Nervenzellen in der Darmwand wurden nachgewiesen. Typisch für dieses Krankheitsbild ist ein Beginn der chronischen Verstopfung schon im Kindes- oder Jugendalter. Häufig sind weibliche Patienten betroffen. Entleerungsstörung (Obstruktives Defäkations-Syndrom, ODS) Auch Entleerungsstörungen (Neu: Obstruktives Defäkations-Syndrom, kurz ODS) können auf Fehlbildungen von Nervenzellen beruhen, wenn die Störungen den Enddarm betreffen. Diese Störungen treten schon im Kindesalter auf ( z. B. Morbus Hirschsprung). Ein weiterer Grund sind Koordinationsstörungen der Beckenbodenmuskulatur, die als Dyssynergie (im englischen Sprachraum: Anismus) bezeichnet werden. Auch Erkrankungen im Bereich des Enddarmes können für eine Entleerungsstörung verantwortlich sein, hierzu gehören z. B. der Mukosaprolaps, Hämorrhoiden und Analfissuren. Vor allem bei weiblichen Patienten, die geboren haben, findet sich häufig eine Beckenbodensenkung. Als Folge dieser Erschlaffung und Schädigung der Beckenbodenmuskulatur unter der Geburt kommt es im Enddarm zu einem „Überschuss“ und „Ausleiern“ der Darmwand. Hieraus resultieren letztendlich zwei Krankheitsbilder, die in unterschiedlicher Weise behandelt werden müssen. Der Rektumprolaps und die Rektozele mit Intussuszeption. Chronische Obstipation, Diagnostik Die Diagnostik wird durch die sorgfältige Erhebung einer Krankengeschichte eingeleitet. Es muss festgestellt werden, ob die ROM-II-Kriterien erfüllt sind und kein Reizdarmsyndrom vorliegt. Es wird überprüft, ob Begleiterkrankungen oder Elektrolytstörungen vorliegen oder Medikamente eingenommen werden, die eine Verstopfung verursachen können. Eine körperliche Untersuchung und eine Sonographie des Bauchraumes schließen sich an. Das Wissen über Voroperationen ist für die Einschätzung der Erkrankung unentbehrlich. Eine proktologische Untersuchung auf Enddarmerkrankungen schließt sich an. Hiermit können insbesondere Erkrankungen auf Grund einer Beckenbodensenkung erkannt werden. Eine Dickdarmspiegelung sollte in jedem Fall durchgeführt werden. Zum Ausschluss einer Transportstörung dient die Bestimmung der Kolon-Transitzeit. Die Rektozele oder ein Rektumprolaps können mit einer konventionellen oder einer MagnetResonanz-Defäkographie  nachgewiesen werden. Wird bei Frauen eine Beckenbodensenkung nachgewiesen, sollten auch eine gynäkologische und eine urogynäkologische oder urologische Untersuchung erfolgen, um eine optimale Therapieform zu gewährleisten. Chronische Obstipation, Therapieprinzipien Die Therapie beginnt in der Regel konservativ, dass heißt zunächst durch Umstellung der Ernährung und Diätberatung. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, ist eine konsequente Therapie mit Abführmitteln einzuleiten. Hierbei sind bei der habituellen Obstipation andere Mittel zu wählen als bei der Transportstörung oder der Entleerungsstörung. Die Dosierung der Medikamente ist so zu wählen, eventuell durch Kombination verschiedener Präparate, um eine Besserung der Beschwerden zu erreichen, ohne Durchfälle zu erzeugen. Bei Koordinationsstörungen des Beckenbodens ist eine Beckenbodengymnastik und ggf. eine Biofeedback-Therapie zu erwägen. Erkrankungen des Enddarms müssen entsprechend der proktologischen Therapie-Konzepte behandelt werden. Die Therapie des Obstruktiven-Defäkations-Syndroms erfolgt bei der Rektozele mit Intussuszeption durch einen operativen Eingriff durch den Analkanal (so genannte S.T.A.R.R.-Operation nach Longo). Für die Behandlung des Rektumprolaps stehen gleich mehrere Operationsmethoden zur Auswahl, wobei nach neueren Zahlen eine laparoskopische („Knopflochchirurgie“) Streckung des Enddarms mit Entfernung eines Darmanteiles (laparoskopische Resektionsrektopexie) die besten Ergebnisse verspricht. Weitere Verfahren sind die Verkürzung des Darmes mit Enddarmresektion durch den Anus (nach Altemeier) und die "Raffung" der Enddarmes nach Rehn-Delorme. Neu ist die transanale Abtragung mit einem speziellen Stapler (TransStar Verfahren). Eine operative Verkürzung des Darmes bei der Transportstörung ist nur der (aller-)letzte Ausweg, wenn alle anderen Optionen keinen Erfolg versprechen, da bei dieser Erkrankung der gesamte Dickdarm entfernt werden muss, um ein gutes Ergebnis zu erzielen.  
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      Obstipation - Verstopfung (vereinfachte Darstellung)
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